Der Heimatverein Paderborn hat einen offenen Brief an die Mitglieder des Stadtrats veröffentlicht.
Thema ist die geplante Aufgabe des Nutzungskonzepts „Stadtverwaltung an der Elsener Straße“.
Das Schreiben wurde bislang nur in der Neuen Westfälischen Zeitung veröffentlicht. Hier das Schreiben und der Link zum Leitthema der NW vom 24. Juni 2016
Heimatverein gegen Orgabauten
Der Paderborner Heimatverein wendet sich mit einem offenen Brief an die Mitglieder des Stadtrats.
Der Heimatverein Paderborn nimmt enttäuscht Kenntnis von der Ratsvorlage der Stadtverwaltung, ihren Verwaltungsneubau außerhalb des Stadtzentrums am Hoppenhof anzusiedeln. Damit wird auf unverständliche Weise das in einer langen Planungsphase überzeugend erarbeitete Konzept aufgegeben, die Verwaltung in der freiwerdenden Alanbrookekaserne an der Elsener Straße unterzubringen. Für diesen Standort sprechen die hervorragende städtebauliche Situation und die einmalige Chance, die positive Entwicklung des Umfeldes weiter voranzutreiben und einen ganzen Stadtbereich mit Leben zu füllen.
Das Areal bietet räumlich und baulich einschließlich des neuen Kantinengebäudes für die Verwaltungsnutzung und ergänzende Entwicklungsflächen die nötigen Voraussetzungen. Durch weitere Nutzungen des weiträumigen Areals besteht die Chance, insgesamt ein neues hervorragendes Stadtquartier zu schaffen. Der Komplex der denkmalgeschützten Gebäude, der zu den bedeutendsten historischen Bauensembles der Stadt gehört, ist durch den Verwaltungssitz auf Dauer gesichert und ist in seiner repräsentativen Erscheinung identitätsstiftend. Günstig sind auch die Nähe zur Innenstadt und die sehr gute Anbindung an den ÖPNV. Beides fördert die Kommunikation aller Verwaltungszweige mit den Bürgern.
Die Ratsvorlage aber bevorzugt mit den Orgatürmen am Hoppenhof Bauten von fragwürdiger baulicher Qualität und mangelnder ästhetischer Ausstrahlung weitab von der Innenstadt in einer stadtbildlich belanglosen Lage. Die Nachhaltigkeit der vier Türme ist in Frage zu stellen. Stadtverwaltung und Rat müssten gewarnt sein. Der Kauf der Nixdorf-Gebäude an der Pontanusstraße für das Technische Rathaus führte seinerzeit zu unerwartet hohen Folge- kosten, ohne dass das Gebäude grundlegend ertüchigt und das Umfeld verbessert wurde.
Ausschlaggebend in der jetzigen Planung ist die Engführung eines komplexen Themas von großer Tragweite auf eine rein finanzielle Sicht auf der Grundlage einer zweifelhaften Kostenkalkulation, mag die Frage der Finanzierung auch noch so wichtig sein. So wird der äußerst wichtige Aspekt, wie es mit der Alanbrookkaserne weiter geht, beiseite geschoben und die bisherige Planung vom Tisch gefegt. Der Ratsbeschluss soll jetzt erfolgen, ohne dass für die Alanbrookkaserne als Ersatz des in mehrjähriger Vorplanung entstandene überzeugende Konzept ein neues vorliegt. Ein umfassendes planerisches und finanzielles Konzept, das auch die Kaserne, das Technische Rathaus mit dem noch relativ neuen Stadtarchiv und das Stadthaus am Abdinghof einschließt, ist aber die verpflichtende Aufgabe der Stadt vor endgültigen Entscheidungen.
Den historischen Gebäuden der Kaserne droht bei langem Leerstand der Verfall. Kommen unterschiedliche Investoren für die Nutzug des historischen Bauensembles zum Zuge, kann es wie so viele Beispiele in anderen Orten zeigen, zum langjährigen Verfall aus spekulativen Gründen kommen. Beides beeinträchtigte erheblich die Qualität und vor allem den Immobilienwert der umliegenden Wohn- und Gewerbebereiche. Auch ohne einen kompletten oder partiellen Verfall wird bei einer Zerstückelung des historischen Bestands zumindest das einheitliche geschützte Bild des Ensembles kaum zu erhalten sein.
Vor allem aber würde eine Verwaltungsnutzung der zentral gelegenen Kaserne besonders gegenüber den Landes- und Bundesbehörden signalisieren, dass die Stadt Paderborn bereits beim ersten von insgesamt fünf Konversionsprojekten Maßstäbe setzt. Ohne stärksten Einsatz der Stadt aber ist eine wünschenswerte und gesicherte Entwicklung des Kasernengeländes nicht zu schaffen.
Für den Abdinghof besteht, wie aktuell in der Presse vorgestellt, der begrüßenswerte Wille, dass bürgernahe Verwaltungsbereiche dort an zentralem Standort bleiben sollen. Auch in diesem Stadtbereich ist eine hochwertige Planung unverzichtbar.
Dafür bietet sich dringlich ein Wettbewerb an, der auch das westliche Vorgelände des Stadthauses, das ehemalige Bauamt, die öffentlichen Räume bis zum Rathausplatz und die Gebäude auf der Nordseite des Marienplatzes einschließt.
Ausdrücklich befürwortet der Heimatverein den Vorschlag des Bürgermeisters, das Bauamtsgebäude der sechziger Jahre, das sich in Gestalt und Bauvolumen nicht in die Umgebung einfügt, abzureißen oder massiv zurückzubauen. Der Verein hat in den letzten Jahren mehrfach den Abriss gefordert.
Der Heimatverein ist von Beginn an durch mehrere Mitglieder im Konversionsbeirat und in den öffentlichen Veranstaltungen vertreten gewesen. Er hat die bisherige Planung ausdrücklich mitgetragen und begrüßt. Heute sieht er keinen Anlass, sich von seiner Position zu lösen.
Christoph Schulte-Nölke
Erster Vorsitzender des Heimatvereins
Veröffentlicht auch in der Neue Westfälischen am Samstag 25. Juni 2016
© Kasernenbild: Stadt Paderborn
© NW-Seite: Neue Westfälische
Mit „Bauamtsgebäude“ ist der leerstehende Teil der Stadtverwaltung an der Ecke „Am Abdinghof/Marienplatz“ oberhalb von Kiosk (heute: „Schaulade“ ) und Toilettenanlage gemeint.